Scandal Love Read online

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  Man könnte wohl zu Recht behaupten, dass ich nicht ganz bei der Sache war.

  Das Pochen zwischen meinen Beinen erinnerte mich daran, wie Trent mit meinen Gefühlen gespielt hatte, mit meiner Lust, meiner Seele. Was meine Fehde gegen ihn fast zwingend erforderlich machte, war vor allem seine Überzeugung, mich auf die gleiche Weise kontrollieren zu können wie mein Vater. Ich war keine Marionette, die sich nach Belieben steuern und von Hand zu Hand weiterreichen ließ. Jordan besaß eine ganz spezielle Macht über mich.

  Für Trent galt das nicht.

  Er würde noch feststellen, dass ich niemandes Fußabtreter war, auch wenn ich mich zugegebenermaßen von Jordan Van Der Zee unterjochen ließ.

  Mein Vater schaute von seinem Laptop auf und rieb sich das Kinn. Er trug heute einen hellgrauen Anzug und einen eisblauen Schlips, ein maßgeschneidertes Outfit, das er von seiner kurzen Geschäftsreise vergangene Woche mitgebracht hatte. Was bedeutete, dass jemand anderes es in Auftrag gegeben haben musste.

  Ohne Zweifel eine Geliebte.

  Er würde heute Nachmittag für eine Woche nach Zürich fliegen. Es war sein dritter Besuch dort innerhalb von drei Monaten, was mich zu der Annahme verleitete, dass er eine neue Gespielin gefunden hatte, die seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Ob er in Wahrheit nach Zürich reiste, interessierte mich nicht. Ich war nur glücklich, dass er sechs Tage lang weg sein würde.

  »Kluges Mädchen.« Er schnalzte beifällig mit der Zunge.

  Leck mich, dachte ich mir im Stillen. Aber er hatte recht. Ich war sein kleines, willenloses Geschöpf, bereit, ihm zu Diensten zu sein, wann immer er mein Schattendasein mit einem Lichtstrahl erhellte.

  Er sammelte die Papiere ein, die ich ihm gebracht hatte, und verschloss sie in einer Schublade, während er über meine Frage nachdachte.

  »Finde als Erstes heraus, ob er seinen Laptop und sein iPad mit nach Hause nimmt oder im Büro lässt. Die Rezeption, der Bereich vor den Toiletten sowie der vor den Aufzügen sind videoüberwacht. Was die Büros betrifft, ist das jedermanns persönliche Entscheidung. Stell fest, ob sich an seiner Zimmerdecke, den Wänden oder im Mobiliar Kameras befinden. Außerdem will ich wissen, wie viele Geräte mit Internet- und E-Mail-Verbindung er besitzt. Und wie oft er sie benutzt. Falls du eins davon in die Finger bekommst, bring es mir.«

  Donnerwetter, das war mal eine konkrete Ansage. Dabei hatte ich angenommen, er würde insgeheim bezweifeln, dass ich tatsächlich einknickte. Doch offenbar hatte er seinen Plan schon bis ins Detail ausgearbeitet.

  Zum tausendsten Mal gelobte ich mir, meinen Vater aus meinem Leben zu werfen und sicherheitshalber die Tür fest zu verschließen, sobald ich seinen Fängen entkommen wäre. Mein Glück sollte nicht von irgendjemand anderem abhängig sein. Leider verfügte er über die Fähigkeit, die entsprechenden Strippen zu ziehen, seine Macht und seinen Einfluss geltend zu machen, um Menschen zu verletzen, die nicht mit ihm einer Meinung waren.

  Potenzielles Bauernopfer. Die Worte hallten in meinem Kopf nach. Schau, wie sich das Blatt gewendet hat.

  »Das ist machbar.« Ich nickte. Trents persönliche Assistentin Rina hatte mich früher am Morgen per E-Mail informiert, dass ich den Dienstag größtenteils mit Luna und Camila verbringen würde. Wir würden in den Zoo gehen und uns anschließend im The Vine mit Trent zum Mittagessen treffen. Auf die Zeit mit den Mädels – die ich beide mochte – freute ich mich tierisch, aber der Gedanke, Trent zu begegnen, nachdem ich mich an ihm »gerieben« hatte, wie er es unverblümt nannte, war irgendwie peinlich.

  Die gute Nachricht war, dass ich morgen mit Sicherheit irgendwann Zugang zu seinem Büro haben würde. »Ich verlange, dass meine Besuchsbeschränkungen aufgehoben werden. Ich möchte Theo samstags und jeden zweiten Mittwoch besuchen dürfen und darüber hinaus meine Urlaube mit ihm verbringen.« Ein messerscharfer Ton klang in meiner Stimme mit. Jordan winkte ab, er hatte sich bereits in einen Vertrag vertieft, den der Drucker neben seinem Schreibtisch ausgespuckt hatte. »Von mir aus. Sag Max, dass er das Nötige in die Wege leiten soll.« Max war sein persönlicher Assistent. Meine Mutter hatte Jordan untersagt, weiterhin weibliche Kräfte einzustellen, in der Hoffnung, dass er dann aufhören würde, sie mit seinen Angestellten zu betrügen. Reines Wunschdenken, wie sein hektischer Terminplan und seine seltenen Auftritte zu Hause verrieten.

  Ich wollte gerade das Büro verlassen, als seine Stimme mich davon abhielt.

  »Ach, Edie?« Ich drehte mich langsam zu ihm um und musterte ihn hinter seinem Titan-Schreibtisch. Er wirkte unsagbar arrogant. Als gehörte ihm die Welt. Als wäre er unsterblich. Dieser Narr.

  »Nur ein gut gemeinter Rat von deinem Vater, deinem Boss und dem Mann, der deine Zukunft in Händen hält. Treib kein doppeltes Spiel mit mir. Trent Rexroth ist ein cleverer Bursche, aber mir kann er nicht das Wasser reichen.«

  Ich schloss die Tür hinter mir, dabei hielt ich meine zuckenden Lippen davon ab, mit einer Wahrheit herauszuplatzen, die mein Vater auf keinen Fall würde hören wollen: Trent Rexroth war mehr als nur clever. Er war teuflisch brillant. Doch das würde ihm bei dieser Schlacht nicht helfen, weil ich ihn schwächen würde.

  Dort, wo es wehtat.

  Ich würde Macht schöpfen aus seiner Schwäche.

  Und sie benutzen.

  Nicht weil ich von Zorn oder Rachsucht getrieben wurde, sondern weil ich Theo und meine Mutter schützen wollte.

  Nicht weil ich ein schlechter Mensch war, sondern weil ich gut zu denen sein musste, die von mir abhängig waren.

  Ich stahl sein iPad.

  Es war verblüffend und erhebend zugleich, wie leicht mir das fiel, immerhin hatte er mich schon einmal beim Klauen erwischt.

  Bestimmt überraschte es ihn, dass ich mich ihnen ohne Murren anschloss. Ich begegnete Camila im Pausenraum und erzählte ihr beiläufig, dass Mr Rexroth mich eingeladen habe mitzukommen – was nicht gänzlich gelogen war –, aber getreu seiner unnahbaren Art behandelte er mich dann wie eine nervige Freundin seiner Tochter. Mit anderen Worten: wie Luft.

  Er brachte das ganze Mittagessen damit zu, Luna mit Aufmerksamkeit zu überschütten, ihr Essen klein zu schneiden und mit ihr Pläne für das Wochenende zu besprechen. Er war mit einer gut geschnittenen marineblauen Hose und einem weißen Hemd bekleidet, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen hochgerollt waren. Die mäandernden Venen und strammen Muskeln in seinen Unterarmen waren dafür geschaffen, ein Mädchen an eine Wand zu pressen und den Herrn preisen zu lassen wie eine wiedergeborene Christin. Ich hatte keinen sonderlich starken Sexualtrieb, umso unvorbereiteter traf es mich, als ich mich genötigt sah, auf die Toilette zu verschwinden, wo ich mich vor dem Spiegel am Waschbecken abstützte. Indem ich den Kopf hin und her schüttelte, versuchte ich, die Vorstellung, wie Trent mir Rock und Slip herunterzerrte und mich von hinten an eine der Kabinen gelehnt nahm, zu verscheuchen, ehe mein Körper mit meiner schmutzigen Fantasie gleichzog. Ich ging sogar so weit, mir einzureden, mein Verlangen nach Sex mit Trent Rexroth sei nur ein stummer Protest gegen meinen Vater. Aber diese Unterarme. Sie würden mich zweifellos in meinen Träumen verfolgen und darauf einstimmen, wenn mich das nächste Mal Schauder der Lust durchfuhren. Der Gedanke, von diesen starken Armen umschlungen zu werden, wäre der Funke, um das Begehren, das in meinem Unterleib schlummerte, zu entzünden. Ich wusch mir das Gesicht mit eiskaltem Wasser. Contenance.

  Als ich zurück an den Tisch kam, deutete Luna gerade auf Trents Handy, bevor sie mit den Händen etwas Größeres in die Luft malte.

  »Du möchtest das iPad«, dolmetschte er. Ich hasste es, wie er mit ihr sprach. Als läge sie ihm aufrichtig am Herzen, dabei wusste ich, dass er nicht besser war als Jordan. Womöglich würde ich ihm sogar einen Gefallen tun, indem ich seinen Rauswurf bei VHH herbeiführte. Er brauchte eindeutig die Zeit und die Möglichkeit, eine Beziehung zu seiner Tochter aufzubauen.

  »Es ist in meinem Büro. Camila wird es dir geben, sobald wir hier fertig sind. Jetzt iss deine Nudeln auf.«

  Luna zog die Augenbrauen zusammen und trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
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  »Vielleicht sollte sie die Gebärdensprache lernen«, murmelte ich, eher an mich selbst gerichtet, und tunkte ein saftiges Stück Steak in das Kartoffelpüree. Da ich keine Restaurants mehr besuchte – ich gab mein Geld für wichtigere Dinge wie Benzin und Theo aus –, war dieses Gastspiel in Wahrheit nicht so schlimm wie befürchtet. Ich hatte seit Jahren nicht mehr so gut gegessen. Trent stieß ein Knurren aus, seine bevorzugte Art der Kommunikation.

  »Luna kann sprechen. Sie muss sich nur dazu durchringen.« Er würdigte mich keines Blickes, sondern scrollte durch das Menü seines Handys. Camila tupfte Lunas Mundwinkel mit einer Serviette ab und füllte das unheilvolle Schweigen mit Sätzen wie: »Vergiss nicht deine Hände zu waschen« oder »Möchtest du einen Nachtisch?«.

  »Sie fühlt sich im Moment anscheinend wohler, wenn sie sich durch Gesten mitteilt«, beharrte ich und genehmigte mir noch einen Bissen. »Wozu ihr Leben komplizierter machen? Du sagst selbst, dass sie sprechen kann. Und sie wird es tun, wenn sie es will. Bis dahin solltest du ihr einen anderen Weg aufzeigen, um sich auszudrücken.«

  Er sah mich kampflustig an, bevor er die Augen wieder auf sein Handy senkte.

  »Ich werde Rina bitten, einen Gebärdensprachlehrer für sie zu finden«, sagte er dann zu meiner Überraschung.

  »Du musst sie ebenfalls lernen«, wies ich ihn hin. Das gefiel ihm nicht. Ich merkte es daran, wie er sein Telefon weglegte und mich kühl musterte. Er hatte sein Parmesan-Hähnchen nicht angerührt, und ich war fast versucht, ihn zu fragen, ob ich es mir zum Mitnehmen einpacken lassen dürfe.

  »Bist du jetzt fertig damit, mir vorzuschreiben, wie ich meine Tochter zu erziehen habe?«

  »Nicht wirklich. Abgesehen davon denke ich nicht, dass es förderlich für sie ist, wenn du so mit mir – übrigens auch mit sonst irgendjemandem – redest.«

  Das war einer der Punkte auf meiner zunehmend länger werdenden Liste, die mich an Trent Rexroth störten. Oft tat er, als wäre Luna nicht anwesend, obwohl sie eindeutig alles verstand, was er sagte. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich nämlich je nach dem, was er sagte.

  Er schenkte mir keine Beachtung mehr, sondern stand auf und ging zu unserer Kellnerin, um die Rechnung zu begleichen. Sie flirtete mit ihm, spielte mit ihren Haaren und lachte laut über eine Bemerkung von ihm, dabei war Trent der unlustigste Kerl, dem ich je begegnet war. Im Gegenteil, wenn er sich richtig anstrengte, würde ein Blick von ihm genügen, um mir die Tränen in die Augen zu treiben. Er flirtete nicht zurück, lächelte nicht, wirkte nicht interessiert. Als sie für einen Moment den Blick senkte, um seine Kreditkarte durch den Scanner zu ziehen, verdrehte er vielmehr die Augen und schnitt eine Grimasse. Danach plagte mich nicht mehr so sehr das schlechte Gewissen, weil ich sein iPad entwendet hatte.

  Auf dem Rückweg zum Büro liefen Trent und ich auf dem belebten Gehweg nebeneinanderher – mit Luna und Camila im Schlepptau.

  »Mein Erziehungsstil scheint bei dir auf einige Kritik zu stoßen.«

  Seine Feststellung brachte mich zum Lachen. »Du verfügst über einen Erziehungsstil? Ist mir gar nicht aufgefallen. Du hast dein schofliges Verhalten – das du im Büro wie ein Dienstabzeichen zur Schau stellst – auch beim Mittagessen gezeigt und mir und Camila kaum einen Blick gegönnt. Glaubst du im Ernst, deine Tochter merkt nicht, dass du dich nur ihr gegenüber zivilisiert benimmst?«

  »Edie.« Es war eine Warnung. Seine Stimme ließ mir einen Schauer über den Rücken rieseln, und ich musste mich beherrschen, um nicht zu grinsen. Unser Katz- und Mausspiel hatte wieder begonnen. Nur war ich nicht irgendeine Maus. Er war Tom, und ich war Jerry. Mochte er am Ende auch als Sieger hervorgehen, hätte ich ihm trotzdem so manche Wunde beigebracht. Ich brachte ihm unentwegt Kampfspuren in Form von grünen und blauen Flecken bei und hatte meine Freude daran, diese Spuren zu registrieren, die sich in einer aufgebrachten Miene manifestierten.

  »Trent.«

  Er wechselte das Thema. »Wie geht es eigentlich unserem kleinen Freund Bane?«

  Ich biss mir auf die Unterlippe, um ein Lachen zu unterdrücken. Die Abneigung, die in seiner Frage mitklang, verursachte mir ein Prickeln. Es hätte ihm egal sein sollen. Die Tatsache, dass er als Erster jenen Abend aufs Tapet brachte, fühlte sich an wie ein Sieg.

  »An ihm ist rein gar nichts klein, und es geht ihm gut. Ganz hervorragend sogar.«

  »Du solltest für diesen Blindgänger keine Vergeltungsmaßnahme riskieren. Hör auf meinen Rat, Edie.«

  »Schau mal, schon deine Annahme, ich würde mich von deinem Machtgehabe beeindrucken lassen, ist abwegig. Also lass es«, sagte ich lässig und rief bei Trent damit offenbar eine körperliche Reaktion hervor, weil er nämlich kurz stehen blieb, sichtbar schluckte und sich mit einem Blick nach hinten vergewisserte, dass Camila und Luna nicht mitbekamen, wie er die ansehnliche Ausstattung in seiner Hose neu arrangierte. Ich wartete, bis er fertig war – immerhin war das der Gipfel der Provokation –, dann liefen wir weiter.

  »Wirst du dich an unsere Abmachung halten?«

  »Welche Abmachung?«, gab ich in gedehntem Tonfall zurück. Wir blieben erneut stehen, dieses Mal an einer roten Ampel. Luna, die sich zwischen uns geschoben hatte, wartete gespannt, als sich ein Fußgänger vor uns drängelte und sie gezwungen war, seitlich in meine Richtung auszuweichen. Ich legte ihr die Hand auf die Schulter und drückte sie gegen mein Bein. Trent bemerkte es, und seine gerunzelte Stirn glättete sich, sein verkrampfter Kiefer entspannte sich. Die Ampel wurde grün, und wir setzten unseren Weg fort, bis wir schließlich das Foyer des Oracle-Gebäudes durch die Drehtür betraten.

  Vor den Fahrstühlen angekommen wandte Trent sich zu seiner Tochter um und bedachte sie mit einem Lächeln, das sonst nur den wichtigen Personen auf der fünfzehnten Etage vorbehalten war. Seinen drei Kumpels.

  »Luna, geh mit Camila für uns alle ein paar Donuts zum Nachtisch kaufen.« Er zog einen Geldschein aus seiner Brieftasche und gab ihn Camila. Sie nickte, nahm Luna bei der Hand und zog mit ihr von dannen. Die Fahrstuhltür glitt auf. Wir stiegen ein, zusammen mit zwei Anzugträgern, die meines Wissens in der Buchhaltungsabteilung im siebten Stock arbeiteten. Wie gebannt stierten wir alle vier auf die rote Digitalanzeige über unseren Köpfen, es herrschte solche Anspannung in der engen Kabine, dass mir im Nacken der Schweiß ausbrach.

  Die beiden Männer stiegen auf ihrer Etage aus. Kaum dass sich die Fahrstuhltür wieder geschlossen hatte, wirbelte Trent zu mir herum und drängte mich gegen die silbern glänzende Wand, allerdings nicht so, wie ich es erwartet hätte. Er berührte mich nicht einmal, sondern stützte die Arme links und rechts neben meinem Kopf auf und fixierte mich. »Raus mit der Sprache. Hast du letztes Wochenende mit Bane gevögelt?« Seine Stimme war ein wildes Knurren. Ich blinzelte unschuldig und befeuchtete meine Lippen mit der Zunge, wohl wissend, dass ihn das verrückt machte. Weil das Verlangen auf Gegenseitigkeit beruhte. Was immer das zwischen uns war, es war schädlich. Ein Wiegenlied auf einer zerkratzten Schallplatte, die immer an derselben verhassten Stelle hängen bleibt.

  Es darf nicht passieren.

  Es darf nicht passieren.

  Es wird nicht passieren.

  »Was geht dich das an?« Ich schob trotzig das Kinn vor.

  »Beantworte die Frage mit Ja oder Nein.«

  Ich studierte sein Gesicht. Die Art und Weise, wie er mich am Samstag abgewiesen hatte, hatte Narben auf meinem Ego und Blasen auf meiner Libido hinterlassen.

  Wie er mich in sein Auto geschubst hatte, als wäre ich sein Eigentum.

  Wie er meine Pläne durchkreuzt hatte, als wären sie belanglos.

  Wie unsere Körper miteinander geflirtet hatten, als wären sie losgelöst von unseren Seelen.

  Ich warf einen Blick auf die Digitalanzeige über der Tür. Fünfzehn. Sowie sie sich öffnete, schlüpfte ich unter seinem Arm hindurch und lief schnurstracks zu seinem Büro. Ich merkte, dass er mir folgte, spürte die Hitze, die sein Körper ausstrahlte. Im Flur begegneten wir Vicious und Dean, die sich mit finsteren Blicken über ein Dokument beugten.

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p; »Ist alles in Ordnung?«, erkundigte Trent sich und ging damit zum Tagesgeschäft über, als wäre nichts geschehen. Und vielleicht tangierte es ihn tatsächlich nicht. Das mit uns. Aber für mich bedeutete es alles. Zumindest hier, auf der fünfzehnten Etage des Oracle-Gebäudes.

  »Alles im grünen Bereich. He, wohin wollt ihr zwei?« Dean blickte von dem Dokument auf und biss sich in die Innenseite seiner Wange, um sich ein Grinsen zu verkneifen. Vicious ignorierte uns wie üblicherweise auch den Großteil der Belegschaft. Ich hatte ein einziges Mal erlebt, dass er jemanden wirklich ansah – anstatt an ihm vorbeizuschauen –, nämlich als seine unkonventionelle, lilahaarige Frau und sein niedlicher Sohn ihn letzte Woche im Büro besuchten. In seinem Blick hatte ein tiefer Beschützerinstinkt gestanden. Als würde seine Seele nach ihnen hungern und zugleich durch sie gesättigt. Jeder verdiente es, auf diese Weise angesehen zu werden.

  »An die Arbeit«, schnaubte Trent.

  Vicious schüttelte lachend den Kopf, die Augen weiterhin auf das Dokument geheftet. »Ja, ja, schon klar.«

  »Was zum Teufel soll das heißen?« Trent blieb stehen, und ich folgte seinem Beispiel. Die drei Männer lieferten sich ein Blickduell, und es war nicht schwer, die Botschaft zu entschlüsseln. Sie verabscheuten meinen Vater gleichermaßen, darum sollte Trent sich tunlichst von mir fernhalten. Und das zu Recht. Jordan würde das ganze Stockwerk niederbrennen und das Gebäude dem Erdboden gleichmachen, falls Rexroth und ich die erotischen Fantasien wahr machten, die ich erst vor einer Stunde auf der Damentoilette gesponnen hatte. Seine Tochter sollte sich bloß nicht dabei erwischen lassen, wie sie es mit einem älteren Mann trieb. Noch dazu einem älteren Mann gemischter Herkunft. Einem Mann, der ihn verachtete und wahrscheinlich vom Thron stürzen wollte.